Das Bild zählt, nicht die Kamera
Die erste Frage, die ich mir stelle, bevor ich mich entscheide über Etwas zu schreiben, lautet: Interessiert mich das Thema?
Es muss mich fesseln und begeistern. Würde ich ein Produkt schön schreiben, das mich nicht überzeugt, dann wäre das nicht im Sinne des Lesers. Ebenso wenig würde ich dem Leser einen Dienst erweisen, indem ich ein Produkt zerpflücke, für das ich mich nicht erwärmen kann. In der Regel hat er das Produkt ja bereits gekauft, wenn er sich für eines meiner Bücher entscheidet.
Bei der Spiegelreflexkamera Nikon D7000 und den kompakten Schwestern Canon Powershot G12 und S95 fiel mir die Sache mit der Begeisterung nicht schwer. Ich fotografiere seit analoger Zeit mit Spiegelreflexkameras von Nikon und hatte bereits Kompakte von Canon.
Canon und Nikon? Kann man sich für beide begeistern?
Natürlich! Alle Hersteller kochen mit Wasser und weniger gute Geräte mag jeder Hersteller im Sortiment haben. Doch unterm Strich ist es am Ende mehr eine Frage des persönlichen Geschmacks, als dem Vorsprung eines bestimmten Herstellers, die für die Entscheidung für eine Marke oder die andere ausschlaggebend sein sollte. Fragt mich jemand, welche SLR ich kaufen würde: Eine Nikon. Ich habe mich bewusst dafür entschieden. Fragt mich einer im Moment, welche Kompakte ich nehmen würde: Canon G12 und S95 kann ich uneingeschränkt empfehlen. Aber: Das Beste ist immer zu einem Händler zu gehen, Geräte verschiedener Hersteller in die Hände zu nehmen und vor allem auf den Bauch zu hören. Mit welcher Kamera fühle ich mich wohl? Ich mit Nikon SLR und – als kompakte Alternative dazu – Canon S95. Ein Anderer ist bei Canon daheim, der Zweite bei Sony, der Dritte bei Pentax, Samsung, Olympus, Panasonic, Leica, … Das Bild zählt, nicht die Kamera!
Wie erkläre ich Fotografie?
Als ich im letzten Jahrtausend zu Fotografieren begann, wollte ich natürlich mehr über die Grundlagen der Fotografie wissen. Wie Viele begann meine fotografische Laufbahn mit einer Kompaktkamera und Urlaubs- und Freizeitbildern. Als ich dann angefangen habe als Grafikdesigner zu arbeiten wuchs auch mein Interesse an der richtigen Fotografie. Meine ersten Erfahrungen mit Spiegelreflex konnte ich mit der analogen Minolta meines Vaters machen. Bald schon wollte ich aber eine eigene Kamera und bin bei Nikon gelandet – und geblieben.
Die erste eigenen Kamera war eine Nikon F-65 mit einem Tamron-Obektiv. Schon beim Kauf ließ ich mir im Fotogeschäft ein Buch über das Modell mit einpacken. Allerdings war ich von dem Werk enttäuscht, da es sich im Grunde genommen um eine etwas lockerer geschriebene Variante eines Kamerahandbuches handelte, die sich auf die Funktionen des Apparats beschränkte, und wenig Hinweise gab, wie man das konkret in der Praxis einsetzt. Dabei waren die Nikon-Handbücher schon damals recht gut. Im Wissen wie man mit der F-65 fotografiert hat es mich kaum weiter gebracht.
Also habe ich mich nach Büchern zu den allgemeinen Grundlagen der Fotografie umgesehen. Unter anderem bin dich dabei dann auf ›Das große Buch der Fotografie – Schritt für Schritt zum gelungen Bild‹ von John Freeman gestoßen. Das Buch hat mir gut gefallen und die Basis für mein heutiges Wissen über Fotografie gebildet. Aber habe ich damit fotografieren gelernt? Nicht wirklich. Der allgemeine Charakter des Buches hat dazu geführt, dass alles mögliche beleuchtet wurde, was mit Fotografie in Zusammenhang steht – so auch Dinge wie Mittel- und Großformatkameras. Darüber, wie ich mit meiner Nikon F-65 gute Bilder mache, habe ich wenig konkretes erfahren.
Dann kam die digitale Fotografie und mit ihr eine Schwemme an Büchern über Fotografie. Das erste Buch, das mich wirklich einen entscheidenden Schritt weiter gebracht hat, war ›Das digitale Fotografie Buch‹ von Scott Kelby. Ich kann es noch immer uneingeschränkt jedem empfehlen, der mit Hilfe prägnanter, praxistauglicher Tipps in der Fotografie vorankommen will, wobei ich diese Empfehlung auf den ersten Band beschränke.
Doch abgesehen davon, dass ich bei Kelby viele nützliche Tricks erfuhr, könnte ich nicht sagen, dass ich damit wirklich fotografieren gelernt habe. Kelbys Konzept ein Fotobuch für die Praxis zu schreiben – nach dem Motto »Du willst das und das? Dann mach das so und so!« – ist großartig, bedingt aber auch, dass er bewusst auf theoretische Hintergründe verzichtet. Wer verstehen will weshalb Kelby das und das so und so macht, muss woanders recherchieren.
Ein sehr gutes Werk für diese Recherche ist ›Der große Humboldt Fotolehrgang‹ von Tom! Striewisch. Für dieses Buch gilt, was auch für Kelbys Buch gilt: Uneingeschränkte Empfehlung! Striewisch versteht nicht nur die Materie, er versteht es auch sie so zu erklären, dass es auch ambitionierte Einsteiger gut verstehen (noch eine Gemeinsamkeit mit Kelby).
Aber hat es mir das Fotografieren beigebracht? Ich würde es mit Pink Floyd zum Ausdruck bringen: »It was another brick in the wall«.
Freemans Grundlagen, Kelbys Praxistipps, Striewisch’ theoretische Erläuterungen und meine eigenen Erfahrungen haben mir gemeinsam geholfen, mein Bild der Fotografie vollständig zu bekommen.
Der letzte Initialzünder in meinem Puzzle war ›Hot Shoe Diaries – groß inszenieren mit kleinen Blitzen‹ von Joe McNally. Auch er versteht es, die komplexen Themen der Fotografie einfach und prägnant auf den Punkt zu bringen. Dieses Buch hat meine ablehnende Haltung gegenüber Systemblitzen und Blitzen außerhalb des Studios eliminiert und mich zu einem Blitz-Fan gemacht.
Nachdem ich das Buch über Nikons Profikamera D700 geschrieben hatte und es von den Lesern mit viel Wohlwollen und lobendem Feedback angenommen wurde, kamen zunehmend Anfragen nach Fotografie-Schulungen auf mich zu. Um einen Workshop über die Grundlagen der Fotografie abhalten zu können – mit dem Ziel, dass die Teilnehmer Fotografie anschließend besser verstehen – habe ich mich hin gesetzt und mir überlegt, wie man Fotografie erklären müsste, dass es für Einsteiger und Amateure ein ganzheitliches Bild ergibt.
Als Erstes habe ich mich an meinen eigenen Werdegang als Autodidakt erinnert. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich die didaktischen Konzepte, die ich kennen gelernt hatte, über einmal zu vergessen versucht und mich gefragt: Wie lernt man als Einsteiger und Amateur Fotografie?
Normalerweise lernt man in Workshops und Lehrbüchern über Fotografie die theoretischen und technischen Grundlagen und was sie bewirken. In Praxisbüchern und -Workshops wird zwar sehr wohl vermittelt, wie man in bestimmten Situationen vorgehen sollte, doch die Grundlagen von Theorie und Praxis werden dabei vorausgesetzt.
Aber fotografiert man tatsächlich so? Fragt man sich tatsächlich: Ich habe hier Blende 8 – was könnte ich damit fotografieren?
Nein! Man hat ein Motiv vor Augen und überlegt sich: Wie kann ich es am besten in Szene setzen? Aus welcher Perspektive und mit welchem Blickwinkel kommt es am besten zur Geltung. Brauche ich viel oder wenig Schärfentiefe? Wie ermittle ich die optimale Belichtung? Und ein oft vergessenes Thema: Wie komponiere ich die Aufteilung innerhalb des Bildausschnitts? Drittelregel und Goldener Schnitt sind nicht die Antwort auf alle Fragen.
Basierend auf diesen Überlegungen habe ich ein Konzept entwickelt, wo alle theoretischen und technischen Aspekte bei Umgang und Handling der Kamera vier Schritten zugeordnet werden und das ich in meiner ›Fotoschule OnLine‹ veröffentliche. Der Leser soll nicht nur wissen, was Blende und Brennweite bewirken, sondern auch weshalb er sie in welchen Situationen einsetzen kann. Dabei geht es mir nicht um ein akademisches Lehrkonzept für Profis, sondern darum dem Ein- und Aufsteiger fotografisches Wissen greifbar, bildlich, praxistauglich und unterhaltsam zu vermitteln. Der gelernte Fotograf mag mit meinen Werken wenig Freude haben, denn dazu gehe ich zu oft zu unorthodoxe Wege um Inhalte zu vermitteln. Aber ich hoffe, dass ambitionierte Amateure und Hobbyfotografen umso mehr davon profitieren.
Projekt abgeblasen
In den letzten Wochen habe ich auf Basis der beschriebenen Überlegungen ein Buch über die beiden Kompaktschwestern Canon Powershot G12 und S95 und eines über die Nikon D7000 geschrieben. Nun hat der Verlag die Veröffentlichung abgeblasen. Aber soll ich die beiden Werke wirklich im Papierkorb meines Computers beseitigen?
Ich würde es bedauern, würden die Beiden ungelesen in der Versenkung verschwinden. Davon bin ich zu sehr vom didaktischen Aufbau überzeugt und von der Art, wie das Buch die Inhalte vermittelt. Wer das Buch über die D700 gelesen hat, hat eine Vorstellung in welche Richtung es geht, allerdings glaube ich den Aufbau deutlich verbessert und das Thema durch das neue Konzept viel besser auf den Punkt gebracht zu haben.
Doch wie vertreibt man ein Buch ohne Verlag. Sicher, es gibt Print on Demand, mit dem man als Autor sein Buch selbst verlegen kann. Aber hat dieser Vertriebsweg wirklich Aussicht auf den geringsten Erfolg? Würde ich mehr als zehn, zwanzig oder hunder Bücher verkaufen können?
Bei meinen ersten Recherchen bin ich auf einen Preis von etwa 40 Euro für 200 Seiten Farbe gekommen. Das liegt zwar etwa in der Preisregion der Mitbewerber, aber dort bekommt man für das Geld etwa 400 Seiten, teilweise im sehr hochwertigen Offsetdruck und vor allem mit einem professionelle Lektorat. Ich bilde mir zwar ein schreiben zu können, aber Grammatik und Orthografie sind bei mir nicht unbedingt auf höchstem Niveau. Der Käufer und Leser würde für sein Geld also weniger Papier und mehr Schreibfehler bekommen. Würdet ihr eines der Bücher trotzdem kaufen?
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