Inhalt
- 0. Einleitung
- 1. Perspektive
- 2. Schärfe
- 2.1. Brennweite und Schärfentiefe
- 2.2. Schärfentiefe, Brennweite und Distanz
- 2.3. Sensorformat und Schärfentiefe
- 2.4. Blende
- 2.5. Blendenschritte
- 2.6. Lichtwert und Offenblende
- 2.7. Blende und Schärfentiefe
- 2.8. Blende bewusst kreativ einsetzen
- 2.9. Fokussierung
- 2.10. Scharfstellen und Messfeldsteuerung
- 2.11. Bewegungsunschärfe
- 2.12. Mitziehen
- 2.13. Bokeh
- 3. Belichtung
Einleitung
Als ich im letzten Jahrtausend zu Fotografieren begann, wollte ich natürlich mehr über die Grundlagen der Fotografie wissen. Wie Viele begann ich meine fotografische Laufbahn mit einer Kompaktkamera und Urlaubs- und Freizeitbildern. Als ich dann angefangen habe als Grafikdesigner zu arbeiten wuchs auch mein Interesse an der richtigen Fotografie. Meine ersten Erfahrungen mit Spiegelreflex konnte ich mit der analogen Minolta meines Vaters machen. Bald schon wollte ich aber eine eigene Kamera und bin bei Nikon gelandet – und geblieben.
Um mehr über Fotografie zu erfahren habe ich mich als Autodidakt nach Literatur zum Thema umgesehen. Unter anderem bin dich dabei auf ›Das große Buch der Fotografie – Schritt für Schritt zum gelungen Bild‹ von John Freeman gestoßen. Das Buch hat mir gut gefallen und die Basis für mein heutiges Wissen über Fotografie gebildet. Aber habe ich damit fotografieren gelernt? Nicht wirklich. Der allgemeine Charakter des Buches hat dazu geführt, dass alles mögliche beleuchtet wurde, was mit Fotografie in Zusammenhang steht – so auch Dinge wie Mittel- und Großformatkameras. Greifbar vermittelt wie ich meine Spiegelreflex einsetze um bessere Bilder zu machen, hat es mir nicht.
Dann kam die digitale Fotografie und mit ihr eine Schwemme an Büchern. Das erste Buch, das mich wirklich einen entscheidenden Schritt weiter gebracht hat, war ›Das digitale Fotografie Buch‹ von Scott Kelby. Ich kann es noch immer uneingeschränkt jedem empfehlen, der mit Hilfe prägnanter, praxistauglicher Tipps in der Fotografie vorankommen will, wobei ich diese Empfehlung auf den ersten Band beschränke.
Doch abgesehen davon, dass ich bei Kelby viele nützliche Tricks erfuhr, könnte ich nicht sagen, dass ich damit wirklich fotografieren gelernt habe. Kelbys Konzept ein Fotobuch für die Praxis zu schreiben – nach dem Motto »Du willst das und das? Dann mach das so und so!« – ist großartig, bedingt aber auch, dass er bewusst auf theoretische Hintergründe verzichtet. Wer verstehen will weshalb Kelby das und das so und so macht, muss woanders recherchieren.
Ein sehr gutes Werk für diese Recherche ist ›Der große Humboldt Fotolehrgang‹ von Tom! Striewisch. Für dieses Buch gilt, was auch für Kelbys Buch gilt: Uneingeschränkte Empfehlung! Striewisch versteht nicht nur die Materie, er versteht es auch sie so zu erklären, dass es auch ambitionierte Einsteiger gut verstehen (noch eine Gemeinsamkeit mit Kelby).
Aber hat es mir das Fotografieren beigebracht? Ich würde es mit Pink Floyd zum Ausdruck bringen: »It was another brick in the wall«.
Freemans Grundlagen, Kelbys Praxistipps, Striewisch’ theoretische Erläuterungen und meine eigenen Erfahrungen haben mir gemeinsam geholfen, mein Bild der Fotografie vollständig zu bekommen.
Der letzte Initialzünder in meinem Puzzle war ›Hot Shoe Diaries – groß inszenieren mit kleinen Blitzen‹ von Joe McNally. Auch er versteht es, die komplexen Themen der Fotografie einfach und prägnant auf den Punkt zu bringen. Dieses Buch hat meine ablehnende Haltung gegenüber Systemblitzen und Blitzen außerhalb des Studios eliminiert und mich zu einem Blitz-Fan gemacht.
Nachdem ich das Buch über Nikons Profikamera D700 geschrieben hatte und es von den Lesern mit viel Wohlwollen und lobendem Feedback angenommen wurde, kamen zunehmend Anfragen nach Fotografie-Schulungen auf mich zu. Um einen Workshop über die Grundlagen der Fotografie abhalten zu können – mit dem Ziel, dass die Teilnehmer Fotografie anschließend besser verstehen – habe ich mich hin gesetzt und mir überlegt, wie man Fotografie erklären müsste, dass es für Einsteiger und Amateure ein ganzheitliches Bild ergibt.
Als Erstes habe ich mich an meinen eigenen Werdegang als Autodidakt erinnert. Aus dieser Erfahrung heraus habe ich die didaktischen Konzepte, die ich kennen gelernt hatte, einmal zu vergessen versucht und mich gefragt: Wie lernt man als Einsteiger und Amateur Fotografie?
Normalerweise lernt man in Workshops und Lehrbüchern über Fotografie die theoretischen und technischen Grundlagen und was sie bewirken. In Praxisbüchern und -Workshops wird zwar sehr wohl vermittelt, wie man in bestimmten Situationen vorgehen sollte, doch die Grundlagen von Theorie und Praxis werden dabei vorausgesetzt.
Aber fotografiert man tatsächlich so? Fragt man sich tatsächlich: Ich habe hier Blende 8 – was könnte ich damit fotografieren?
Nein! Man hat ein Motiv vor Augen und überlegt sich: Wie kann ich es am besten in Szene setzen? Aus welcher Perspektive und mit welchem Blickwinkel kommt es am besten zur Geltung. Brauche ich viel oder wenig Schärfentiefe? Wie ermittle ich die optimale Belichtung? Und ein oft vergessenes Thema: Wie komponiere ich die Aufteilung innerhalb des Bildausschnitts? Drittelregel und Goldener Schnitt sind nicht die Antwort auf alle Fragen.
Basierend auf diesen Überlegungen habe ich ein Konzept entwickelt, bei dem ich von eben diesen Fragen ausgehe:
- Welchen Blickwinkel und welche Perspektive möchte ich und mit welchen technischen Mitteln erreiche ich das.
- Wie kann ich mit Schärfe umgehen um die Bildaussage zu unterstreichen und welche technischen Mittel stehen mir zur Beeinflussung zur Verfügung.
- Mit welchen Mitteln und Einstellungen erreiche ich eine optimale Belichtung.
- Was gibt es für Grundlagen, die ich bei der Komposition des Bildausschnitts berücksichtigen kann.
Ich glaube, dass diese vier Schritte eine gute Basis bilden, von der ausgehend sich Fotografie gut im Zusammenhang beschreiben und vermitteln lässt. Dieses ›Vier Schritte zum Bild‹-Konzept möchte ich euch, liebe Leser, mit dieser ›Fotoschule OnLine‹ vorstellen. Dabei geht es mir nicht um ein akademisches Lehrkonzept für Profis, sondern darum, dem Ein- und Aufsteiger fotografisches Wissen greifbar, bildlich, praxistauglich und unterhaltsam zu vermitteln. Dem gelernten Fotografen mögen sich ob der teilweise sicher sehr unorthodoxen Herangehensweise die Haare sträuben. Aber ich hoffe, dass ambitionierte Amateure und Hobbyfotografen umso mehr davon profitieren.
Die Idee des Konzepts
Ausgangsbasis zu den Überlegungen die zum Konzept geführt haben, waren meine Erfahrungen bei Workshops, dass die Teilnehmer zwar verstanden haben, wie Blenden, Brennweiten, etc. funktioniert. Doch bei praktischen Versuchen ist mir aufgefallen, dass theoretisches Verstehen nicht unbedingt bedeutet zu sehen wie dieses Wissen praktisch angewendet werden kann. Also habe ich überlegt worum es in der Fotografie eigentlich geht. Nicht um Technik, sondern um Kreativität. Und welche Dinge kann der Fotograf mit Kamera und Objektiv beeinflussen?
Die Antwort hat mich überrascht: Es sind eigentlich nur die vier Parameter, die ich bereits genannt habe – Perspektive, Schärfe, Belichtung und Bildausschnitt. Der Rest – der mindestens genauso wichtig ist – ist einer eine Frage der Grundidee und der Organisation. Also habe ich begonnen ein Diagramm mit diesen vier Parametern als Basis zu erstellen.
Als zweiten Schritt habe alle Begriffe notiert, die mit Kamera und Objektiv und deren Einstellungsmöglichkeiten in Zusammenhang stehen. Dabei habe ich Blitz und Stativ mit aufgenommen, allerdings auch Dinge Filter ausgespart – das entstandene Diagramm ist so schon komplex genug.
Das daraus entstanden Diagramm zeigt deutlich wie komplex Fotografie eigentlich ist und vermittelt einen Eindruck davon, weshalb es vielen Einsteigern schwer fällt das Thema zu verstehen und die theoretischen Grundlagen praktisch anwenden zu können. Das Problem ist dabei, dass der Hobbyfotograf die theoretischen Grundlagen nicht verstanden hätte, sondern vielmehr das Wissen wie dieses Verständnis in der Praxis und im Zusammenhang angewendet werden kann.
Ich habe deshalb versucht alle technischen Details einem der vier kreativen Grundparameter zuzuordnen. Tatsächlich sind die Zusammenhänge so komplex wie im Diagramm oben, oder eher noch komplexer. Doch als Basisüberlegung kann man schon behaupten, dass die Brennweite als erstes zur Gestaltung der perspektivischen Wirkung einer Aufnahme herangezogen wird, wogegen man die Blende eher dazu nutzt die Schärfentiefe bewusst zu beeinflussen. Also habe ich alle sekundären Zusammenhänge raus gelöscht und jedes technische Element einem der vier kreativen Grundparameter zugeordnet.
Nach diesem Konzept werde ich in den folgenden Artikeln, zusammengefasst in vier Kapiteln die technischen und theoretischen Grundlagen der Fotografie erklären. Es darf nicht als Schablone für jede Aufnahmesituation betrachtet werden. Es soll schon gar keine akademische Abhandlung über Fotografie sein. Mir ging es in all meinen Büchern vor allem darum ein Thema für den praktischen Gebrauch einfach zu beschreiben, auch wenn dazu manchmal Vereinfachungen notwendig sind, bei dem es dem Theoretiker die Haare sträubt. Das Vier-Schritte-Konzept ist als Sprungbrett in die Welt der Fotografie gedacht. Wer Fotografie durch und durch verstanden hat und die Anwendung eines solchen, oder ähnlichen Konzepts souverän beherrscht, der wird ohnehin in der Praxis nicht mehr überlegen, ob er jetzt Brennweite oder Blende verwenden soll um die Schärfentiefe zu beeinflussen. Sobald einem der Umgang mit all diesen Parametern einmal in Fleisch und Blut übergangen ist fotografiert man intuitiv und aus dem Bauch heraus. Es ist vielleicht etwas wie Autofahren: Am Anfang muss man noch über Kupplung, Schaltung und Gas nachdenken. Doch hat man einmal eine gewisse Praxis geht das alles von selbst.
Über die Navigationsleiste direkt unterhalb könnt ihr dem Konzept vom Anfang zum Ende folgen, indem ihr am Ende jedes Abschnitts auf ›Weiter‹ klickt. Im Blog selbst erscheinen die Artikel von neu nach alt, also in verkehrter Reihenfolge.
Falls ihr Fragen und Rückmeldungen habt, freue ich mich auf euere Kommentare. Ich wünsche auch viel Spaß beim Lesen und Erfolg in der Umsetzung.
Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich: »Die kreative Fotoschule – Fotografieren lernen mit Markus Wäger« Rheinwerk-Verlag 2015, 437 Seiten, gebunden, komplett in Farbe ISBN 978-3-8362-3465-8 Buch: 29,90; E-Book: 24,90 Weitere Informationen und Demokapitel auf der Website des Verlags; Affilate-Link zum Buch bei Amazon. |
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