Diese Frage habe ich mir auch gestellt, als die Nachricht öffentlich wurde, dass Olympus’ Kamerasparte an einen Investor verkauft wird, und dem, was Presse und Community daraus gemacht haben. Viele Stunden Beschäftigung mit dem Thema später bin ich mir sicher: Ja!
Dass Konzerne Bereiche ausgliedern und verkaufen ist eine normale Sache in der Wirtschaft, besonders wenn der Bereich nicht zum Kerngeschäft passt. Dass Apple Filemaker vor Jahrzehnten ausgegliedert hat, war meines Wissens nach darin begründet, dass dem Datenbankprogramm-Hersteller als eigenständiges Unternehmen bessere Chancen zugerechnet wurde, als unter dem Apple-Dach. Mitsubishi hat Mitsubishi Motors an Daimler/Chrysler verkauft und Jahre später zurück gekauft.
Auch ich habe keine Kristallkugel, um in die Zukunft zu blicken, aber nach meinen Recherchen ist es wahrscheinlicher, dass die Investoren Olympus Image profitabel machen wollen, anstatt irgendein Tafelsilber zu verhökern und den Laden dicht zu machen. Ich kann mir beispielsweise vorstellen, dass Audiosysteme, Diktiergeräte und Ferngläser eingestellt werden und man sich aus unprofitablen Märkten (wie schon aus Süd Korea) zurück zieht – also im Hinterkopf behalten, falls das geschieht und die Presse wieder einmal ein Zeichen für Olympus’ Tod sieht. Olympus’ Zukunft ist nach dem 25. Juli nicht mehr oder weniger Ungewiss als vor dem 25. Juli. Eine Ungewissheit, die die Marke mit Pentax, Nikon, Fujifilm und Lumix teilt. Die größte Sicherheit bezüglich der Zukunft des Kameramarktes ist wohl, dass nicht alle Marken die Krise überleben werden.
Sollte die Kameraherstellung bei Olympus tatsächlich ein Ende finden, bietet MFT einen entscheidenden Vorteil gegenüber Pentax, Nikon und Fuji: Man kann zu Panasonic wechseln und alle Objektive weiter nutzen. Die Spekulation, dass Panasonic MFT verlässt, wenn Olympus dicht macht, halte ich für völlig unsinnig: Welches Unternehmen würde ausgerechnet dann die Segel streichen, wenn der wichtigste Mitbewerber aufgibt und der Markt plötzlich doppelt so groß ist? Und selbst wenn dieser absurde Fall eintreten würde, böte der offene Standard noch immer jedem Unternehmen, das eine Chance und einen Markt sieht, die Möglichkeit einzusteigen. Da stehen die Karten bei allen anderen Systemen im Worst Case schlechter!
Ich rate generell niemandem zum Kauf irgendeines Systems – ich berate immer nur. Meine Beratung beginnt stets mit der Frage: Was möchtest du fotografieren? Möchte jemand häufig mobil fotografieren, erkläre ich die Vorzüge von MFT; möchte jemand in erster Linie on Location fotografieren und Mobilität spielt keine Rolle, rate ich zu Vollformat. Ich rede außerdem über Fujifilm als Mittelweg und weise auf deren einzigartige Bedienung hin. Und dann schicke ich die Leute zu einem Fachhändler und empfehle möglichst alle Marken in die Hände zu nehmen und anzuschauen, was sich am besten anfühlt.
Alle Hersteller kochen nur mit Wasser, alle haben Stärken und Schwächen! Man kann keine schlechte Kamera kaufen. Man kann sich lediglich für die für einen persönlich Falsche entscheiden. Die, die sich richtig anfühlt, hat gute Chancen die Richtige zu sein. Die, die kein Will-haben-Gefühl auslöst, ist wahrscheinlich eher die Falsche, auch wenn sie vom kompetenten Bekannten empfohlen wurde, oder Presseberichte und/oder Kennzahlen am Datenblatt das Modell gut aussehen lassen.
Was ist denn die Alternative, wenn man glaubt Olympus nicht mehr empfehlen zu können? Spiegelreflex? Ich bin der absoluten Überzeugung, wenn man einer Person, die langfristig in ein System zu investieren beabsichtigt, einen Bärendienst erweist, wenn man ihr DSLR empfiehlt. Sieht man sich die Marktentwicklung an, landet DSLR bestenfalls in der Nische.
APS-C? Vollformat wird immer billiger! MFT wird vor allem deshalb so leidenschaftlich gebashed, weil Enthusiasten Vollformat lieben (die Armen müssten ohne MFT doch glatt zu APS-C-Bashing switchen). APS-C ist bislang das Format für Einsteigerkameras. Doch der Consumer-Kameramarkt ist tot. Und nicht viele ambitionierte Amateure werden zu APS-C greifen, wenn Vollformat nur unwesentlich mehr kostet. Glaubt wirklich jemand, dass APS-C bei Canon, Nikon und Sony Zukunft hat, wenn die Entwicklung und Vermarktung der Systeme (da gehören ja auch Optiken dazu) mehr Geld kostet, als es einbringt? Canon und Nikon stehen immerhin erst am Beginn des Aufbaus der entsprechenden Systeme. Weshalb die sich gleich zwei Schienen antun (spiegelloses APS-C und spiegelloses Vollformat) ist mir rätselhaft (ehrlich gesagt nicht ganz rätselhaft, aber das würde jetzt wirklich zu weit führen). Die einzige APS-C-Marke, die ich nicht kritisch sehe, ist Fujifilm. Und Fujifilm ist gleichzeitig die Antithese, dass man Vollformat machen muss, um erfolgreich zu wirtschaften. Anders als Canon, Sony, Nikon und Pentax bieten sie nicht APS-C und Vollformat zur Auswahl und machen damit ihren eigenen Systemen Konkurrenz. Dennoch ist bei Fujifilm die Kamerasparte eher ein kleines Hobby des Konzerns und Hobbys werden schon einmal eigestellt, wenn man sie sich nicht mehr leisten kann.
Kann man also nur Vollformat mit gutem Gewissen empfehlen? Und da auch nur Sony und Canon? Da muss natürlich jeder seine eigenen Schlüsse ziehen!
Mein Fazit ist klar: Ich kann Olympus und MFT mit voller Überzeugung weiter empfehlen. Ich finde die Frage, welches System die Anforderungen eines Anwenders optimal erfüllt und am besten zu ihm passt, viel relevanter, als die Frage nach der Zukunft der Marke. Welche Zukunft ist den Gewiss? Und die Zukunft von MFT ist kaum weniger Gewiss, als die jedes anderen Systems. Eine Kamera, die eigentlich gar nicht zu einem passt, zu kaufen, nur weil die Marke die besten Zukunftsaussichten hat, halte ich für den falschen Ansatz. Das kann ich nicht mit gutem Gewissen empfehlen.
Und sollte der Worst Case tatsächlich eintreten: Systemwechsel sind für Fotografen nicht außergewöhnlich. Viele haben ihn schon einmal vollzogen, Manche mehrfach. In den letzten Jahren hat das wohl kaum jemand getan, weil die Marke den Laden geschlossen hat(außer Samsung-Fotografen). Üblicherweise wechselt man das System, weil man mit der Marke nicht mehr zufrieden ist, man sich von Beginn an für das falsche System entschieden hat, oder ein anderes System einfach besser zu einem passt.
Für Anwender, die ohnehin gar nicht vorhaben, gleich einen ganzen Objektivpark anzuschaffen und in ein ganzes System investieren wollen, sondern nur eine Kamera mit einem oder zwei Objektiven kaufen möchten, ist die Frage nach der Zukunft des Systems ohnehin kaum von Bedeutung. Die können mit jedem System gut bedient sein. Egal von welcher Marke, egal ob DSLR, Spiegellos, APS-C oder MFT.
Meine Meinung.
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