Schärfentiefe und Brennweite
Ausschlaggebend für die Tiefe der Schärfentiefe (der Bereich zwischen Nah- und Fernpunkt, der als scharf empfunden wird) sind Brennweite, Distanz, Blende und Sensorformat.
Die folgenden Abbildungen demonstrieren wie sich das Reduzieren der Brennweite auf die Schärfentiefe auswirkt. Je kürzer die Brennweite desto größer fällt die Schärfentiefe aus – bei ansonsten gleichen Einstellungen und Distanz. Umgekehrt heißt das natürlich auch, dass sich die Schärfentiefe reduziert, wenn man längere Brennweiten einsetzt.
Mit Brennweite 160mm (KB) auf eine Entfernung von 4m beträgt die Schärfentiefe 32cm. |
Verkürzt man die Brennweite auf 75mm (KB), hält aber die Distanz von 4m, erhöht sich die Schärfentiefe auf 146cm. |
Verkürzt man die Brennweite noch weiter auf 30mm (KB) und belässt die Entfernung weiterhin unverändert bei 4m erhöht sich die Schärfentiefe weiter auf unendlich. Das heißt auf diese Distanz wird alles was sich dahinter befindet als scharf empfunden. |
75mm Brennweite bei relativ weit geöffneter Blende auf eine Distanz von etwas mehr als 3m. Der Hintergrund ist unscharf, doch noch immer deutlich zu erkennen und störend und ablenkend. |
158mm Brennweite bei vergleichbarer Blendeneinstellung und nur geringfügig kürzerer Distanz (Der Bildausschnitt wird durch die längere Brennweite natürlich bedeutend enger): Die Schärfentiefe ist sehr viel geringer und der Hintergrund stark weichgezeichnet. Das Modell ist schön freigestellt. |
Je länger die Brennweite, desto geringer die Schärfentiefe.
Schärfentiefe und Distanz
Wie so oft in der Fotografie wird beim Thema Schärfentiefe wieder einmal deutlich, dass es schwer fällt für das Fotografieren ganz einfache Faustregeln aufzustellen. Abgesehen davon, dass bei der Schärfentiefe auch das Sensorformat eine Rolle spielt (siehe Formatfaktor), ist, neben der gewählten Blende, auch die Distanz ein wichtiger Faktor dafür, wie Tief der scharfe Bereich ausfällt.
Die folgenden Beispiele illustrieren, wie sich eine mittlere Distanz, im Verhältnis zu einer extrem kurzen, auswirken kann. Je geringer die Distanz zum Fokuspunkt , desto kürzer fällt die Schärfentiefe aus.
Während man mit einer Kleinbildkamera bei einer Distanz von 4m, Brennweite 105 mm und Blende ƒ5.6 eine Schärfentiefe von 25cm erhält und somit ein Gesicht von der Nasenspitze bis hinter die Ohren scharf abbilden kann … |
… erhält man mit exakt derselben Brennweite und Einstellung für die Blende auf eine Distanz von 20cm nur mehr eine hauchdünne Schärfentiefe von 0,3mm – meist noch nicht einmal genug um das Facettenauges eines Käfers von vorne bis hinten scharf abzubilden. |
28mm Weitwinkelbrennweite mit Fokussierung auf eine Distanz von knapp einem halben Meter. Die Schärfentiefe ist hoch, der Hintergrund scharf abgebildet und äußerst störend. |
28mm Weitwinkelbrennweite mit Fokussierung auf eine Distanz von wenigen Zentimetern. Trotz identischer Einstellung aller Parameter, wie für die Aufnahme oben, sind die Blätter nur wenige Zentimeter hinter dem Blütenkelch bereits sehr unscharf (die beiden Aufnahmen stammen von den Kompaktkameras Canon PowerShot G12 und S95). |
Je kürzer die Distanz, desto geringer die Schärfentiefe.
Einmal mehr ist es für den kreativen Fotografen wichtig, über einen theoretischen Zusammenhang für die Praxis Bescheid zu wissen. Während der Fotograf bei einem Porträt bewusst eine offene Blende wählt um sein Modell vom Hintergrund zu trennen und die Aufmerksamkeit durch den Fokuspunkt selektiv auf die Augen lenkt, muss der Makrofotograf beim Ablichten eines Käfers die Blende bis auf eine kleine Öffnung schließen, damit die Schärfentiefe nicht geringer ausfällt, als das Facettenauge des winzigen Tiers in die Tiefe reicht.
Hyperfokale Entfernung
Besonders für Landschaftsfotografen ist das Thema der Hyperfokalen Entfernung (Hyperfokale Distanz) interessant. In diesem Genre ist das letzte Quäntchen Schärfe für die meisten Fotografen Pflicht. Deshalb fotografiert der Landschaftsfotograf auch nicht mit offener Blende aus freier Hand – auch wenn das Licht das zulassen würde – sondern stellt seine Kamera auf ein möglichst schweres, stabiles Stativ um die Blende unabhängig von den Einschränkungen der Belichtungszeit, die er mit freier Hand berücksichtigen müsste, einstellen zu können.
Bei seinen Einstellungen achtet er sehr oft auf die Hyperfokale Entfernung. Vereinfacht ausgedrückt ist das die Distanz, ab der bei einer bestimmten Brennweite und Blende alles was dahinter liegt scharf abgebildet ist – ab der die Schärfentiefe unendlich ausfällt.
Das Thema ist äußerst spröde und umständlich zu erklären und erfordert vom Leser noch mehr, wenn er es verstehen will. Mir ist spontan keine Erklärung und Illustration eingefallen, von der ich erwarten würde, dass sie ohne viel Hirnschmal zu verstehen ist. Da es mir hier zu tief in ein bestimmtes Genre führen würde, möchte ich uns diese schwere Kost ersparen. Wer jedoch in der Landschaftsfotografie seine Leidenschaft gefunden hat, auf maximale Abbildungsqualität aus ist und tatsächlich mit SLR, Stativ und hochwertigem Objektiv auf Motivjagd geht, sollte einmal nach den Begriffen Hyperfokale Distanz oder Hyperfokale Entfernung googeln.
Der Inhalt dieser Online-Fotoschule ist in erweiterter Form auch als Buch erhältlich: »Die kreative Fotoschule – Fotografieren lernen mit Markus Wäger« Rheinwerk-Verlag 2015, 437 Seiten, gebunden, komplett in Farbe ISBN 978-3-8362-3465-8 Buch: 29,90; E-Book: 24,90 Weitere Informationen und Demokapitel auf der Website des Verlags; Affilate-Link zum Buch bei Amazon. |
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